Die Welt der Intelligence ist klein

Hier finden sie bald eine wilde Sammlung von Lebensläufen. Allen gemeinsam sind meist sehr überraschende Zusammenhänge, die jeden Zufall unwahrscheinlich machen. Die Schlussfolgerungen bleiben dem Leser überlassen und können hier nicht näher ausgeführt werden. Wir müssen aber davon ausgehen, dass zwischen 1914 und 1945 in Deutschland nicht viel passiert sein konnte, worüber vor allem die britische Intelligence nicht rechtzeitig informiert war und worauf diese keinen Einfluss nehmen konnte. Aber lesen Sie selbst.

 

Die Organisationen der Intelligence:

 

Dem breiten Publikum aus Romanen bekannt sind die britischen Dienststellen der Military Intelligence wie MI5 (Inland) und MI6 (Ausland). Vor allem vor 1914 war allerdings der Marinegeheimdienst der wichtigere Akteur und es ist kein Zufall, dass der vermutlich vor 1914 von den Briten angeworbene spätere deutsche Abwehrchef Wilhelm Canaris auf einem Schiff seine ersten Erfahrungen mit geheimen Operationen sammelte. Ebensowenig Zufall war es, dass sich Wilhelm Canaris mit dem späteren Chef des Sicherheitsdienstes (SD) Reinhard Heydrich bereits 1923/24 auf dem Schulschiff "Berlin" anfreundete, auf dem der sensible Heydrich mit seinen Kameraden die größten Probleme hatte. Wer die folgende Karriere des Reinhard Heydrich, der damals als Seekadett vom Korvettenkapitän Canaris privat zu sich nach Hause eingeladen wurde, mit Canaris und seinen Auftraggebern in keinen Zusammenhang bringen will, wie unsere "seriösen" und "wissenschaftlich arbeitenden" Historiker, braucht hier nicht weiter zu lesen.

 

Der ehemalige Einfluss der Marine lässt sich auch daran erkennen, dass die Botschaften nicht nur einen Militärattaché, sondern zusätzlich einen Marineattaché beherbergten, die beide ihre Agenten steuerten. So wurde etwa der "Putzi" Hanfstaengl vom US-Marineattaché in Berlin erstmals auf Hitler angesetzt. In dem sehr interessanten Buch Hitlers Geheimnis von Lothar Machtan finden Sie auf Seite 319 ein vermutlich 1933 aufgenommenses Foto einer sehr fröhlichen Männerrunde in der Berliner Wohnung von Ernst Hanfstaengl, auf dem Bild links von "Putzi" mit dessen Hand auf dem Knie der Militärattaché der US-Botschaft Truman Smith.

 

Wichtiger als die Militärgeheimdienste waren aber in England und den USA die privat betriebenen Zirkel, wie etwa die von Cecil Rhodes gestiftete Secret Society von Lord Alfred Milner, auch "Milners Kindergarten" genannt, oder die Fabian Society der Cecil Familie. Erstere rekrutierten ihre Anhänger unter den Rhodes Stipendiaten und den Studenten des Balliol College in Oxford oder den begeisterten Teilnehmern des Burenkrieges, zu denen der spätere Gouverneur der Bank von England, Montagu Norman, ein Mitglied der Anglo-German Fellowship, gehörte. Die Fabian Society gründete die London School of Economics, deren Studenten, unter anderen der spätere Reichskanzler und noch spätere Harvard-Professor Heinrich Brüning, bei entsprechender Kooperation erstaunliche Karrierewege offen standen.

 

Der Völkerbund und seine Organisationen waren eine Idee der britischen Imperialisten und wurden von den Anhängern Milners und der Fabian Society als modernes Werkzeug der angloamerikanischen Geopolitik nach der Beendigung der direkten Kolonialherrschaft über fremde Völker betrachtet.

 

In den USA unterhielten die Briten zum Zweck der politischen Einflussnahme Zirkel wie etwa das House of Truth(PDF) in Washington. Nach dem Ersten Weltkrieg schufen sie das bis heute einflussreiche Council on Foreign Relations.

 

Von den USA wurden die Auslandsnetzwerke meist durch private Stiftungen betrieben, wie vor allem die einschlägig bekannte Rockefeller-Foundation. Die Stiftungen werden von den Kreisen finanziert und gesteuert, die auch die Parteien und Präsidenten der USA kontrollieren und deren Politik bestimmen.

 

Selbstverständlich sind Zeitungen und Verlage immer ein Werkzeug der politischen Interessen und nicht eine unschuldige Unternehmung zur Gewinnerzielung oder gar zur demokratischen Aufklärung und Willensbildung der Bevölkerung. Die meisten politischen Agenten waren, wie Karl Marx als Korrespondent der New York Tribune, im Haupt- oder Nebenberuf Journalisten und Schriftsteller, in Kriegszeiten wechselten sie etwa aus der Redaktion des britischen Economist in führende Positionen der Kriegswirtschaft und des War Office.

 

Interessante Quellen und Literatur:

 

Arbeitskreis Geschichte der Nachrichtendienste (AGN) e.V.

 

The Journal of Intelligence History

 

Spymaster: Dai Li and the Chinese Secret Service

 

Guido Giacomo Preparata: Conjuring Hitler: How Britain and America Made the Third Reich

 

William Nelson Cromwell

William Nelson Cromwell (1854-1948) war ein Namensgeber der berüchtigten Anwaltskanzlei Sullivan&Cromwell, in der wir später John Foster Dulles als Partner finden. Die ersten Aktivitäten der Kanzlei sind für alle späteren typisch. Im Jahr 1898 beauftragte eine französische Firma mit entsprechenden Ländereien in Panama W. N. Cromwell, den US-Kongress zu überzeugen, dass der geplante Kanal zwischen Pazifik und Atlantik nicht durch Nicaragua, sondern eben durch Panama gebaut werden sollte. Im Juni 1902 erhielten die Abgeordneten kurz vor der Abstimmung Informationen über angebliche vulkanische Aktivitäten in Nicaragua und entschieden sich für Panama. Cromwell arbeitete für große Konzerne und organisierte 1901 die United States Steel Corporation.

 

Cromwell war Präsident der amerikanischen Gesellschaft der französischen Ehrenlegion und lebte einige Jahre zwischen den Weltkriegen in Frankreich. Vor allem war er der Grand Prior des SOSJ in den USA, eines Ordens mit weltweiten Verbindungen und langer Tradition:

 

The English started a private intelligence gathering operation supported by their government in 1904 called the Legion of Frontiersmen. This organization, composed of wealthy patriotic English volunteers, prefigured MI6. Members of this group, traveling worldwide as was their customary lifestyle, became an important source for the British Empire’s constant need for information. The American White Cross was being used in similar fashion, and the new American Grand Priory expanded on that practice. The most prominent families in the United States joined the American Grand Priory of the SOSJ, and thereby developed the first American civilian foreign intelligence network.
American Grand Priory leaders, Nicholas Murray Butler, President of Columbia University, Archer Huntington, founder of the Hispanic Society of America, William Nelson Cromwell, Wall Street lawyer and Francis C. Nicholas, founder of the American International Academy, are among those who crafted the American Grand Priory into an intelligence organization. Nicholas, a mining engineer and explorer, had done Cromwell’s Panama Canal construction feasibility studies. He had also done geological research in Central and South America for Archer Huntington and Colonel William Lamb, who were supplying fuel coal to the Russian Navy. These men wielded significant influence in the United States during the late 19th through the mid 20th centuries. 

...

The American Grand Priory also had a history of cooperation with members of the monarchist and anti-Semitic Russian Black Hundred’s Movement due to their association with Cherep Spiridovich. Admiral Grand Duke Alexander Michaelovich, OSJ, was the head of Russian Naval Intelligence. He spent time in the United States developing relationships with the wealthiest people in American society. His regular traveling companion became Major Barclay Harding Warburton of the U.S. Army Military Intelligence community. Warburton was a member of the “East Coast Establishment,” and was closely related to the Wannamaker and Vanderbilt families. The American Grand Priory cooperated with Russian Naval Intelligence and the Russian Secret Service directed by Baron Rosen. Grand Duke Alexander was elected the 73rd Grand Master of the SOSJ in September, 1913 during meetings in New York City at the Waldorf Astoria Hotel.

SOVEREIGN ORDER OF SAINT JOHN OF JERUSALEM

 

Der SOSJ war ein wilder Haufen ehemaliger Malteser-Ritter, die vor Napoleon nach Russland geflüchtet waren. Der russische Zar hatte sie dann für seine geheimen diplomatischen Zwecke eingespannt und zum Ende des 19. Jahrhunderts sollten sie weltweit und vor allem in den USA die Anarchisten bekämpfen, die immer noch wichtige Vertreter des russischen Hochadels mordeten. Man hatte dazu in den USA eine sehr aktive Zweigstelle geschaffen, in Chicago genauer gesagt, weil die Welt doch so klein ist und wir immer wieder in Chicago landen bei allen Recherchen. Jedenfalls erschienen in den 1920er Jahren in Chicago die wütendsten antisemitischen Publikationen von Exilrussen mit guten Verbindungen nach München, wo Max Erwin von Scheubner-Richter die deutsch-russische Wirtschaftliche Aufbau-Vereinigung begründet hatte. Da ergab sich dann die merkwürdige Zusammenarbeit von russischen Hochadligen, die den Bolschewismus bekämpfen wollten, mit Ludendorff und anderen Eingeweihten deutscher Geheimpolitik, die einiges dazu beigetragen hatte, die Bolschewiken in Russland an die Macht zu bringen.

 

John Grombach

John, ursprünglich Jean, Grombach war der 1901 geborene Sohn des französischen Konsuls in New Orleans. Er nahm die US-Staatsbürgerschaft an und absolvierte West Point. Im Jahr 1942 wurde John Grombach (Link zum Center for the Study of Intelligence der CIA) Chef der "The Pond" genannten Organisation, die im Gegensatz zu dem spöttisch "Oh So Social" buchstabierten OSS des William Donovan weitgehend unbekannt blieb. Während das OSS gleich zum Kriegsende aufgelöst wurde, konnte "The Pond" noch ein weiteres Jahrzehnt im Geheimen operieren.

 

Die Aktivitäten wurden von dem holländischen Konzern "N.V. Philips Gloeilampenfabrieken" finanziell und operativ unterstützt, der nach Pearl Harbor dem War-Department G-2 seine Hilfe angeboten hatte (Auch große Konzerne wie Philips, der weltweit seine Filialen hatte, können nur in Zusammenarbeit mit der Intelligence florieren, womit sich dann ihr wundersames Überleben in schwierigsten Verhältnissen erklärt; Holland war seinerzeit unter deutscher Besatzung; die Gründerfamilie des Philips-Konzerns war über Benjamin Frederik David Philips mit Karl Marx verwandt und der hat Marx gelegentlich finanziell geringfügig unterstützt).

 

Grombach war bald verärgert, dass ein Großteil seiner Erkenntnisse unterdrückt wurde, wie etwa seine schon 1942 von einem Pariser Arzt erhaltene Information über die Ermordung polnischer Offiziere durch den NKWD in Katyn. Später sorgte Grombach selbst für die weitere Verbreitung unerwünschter Hinweise. Schon im May 1942 soll Grombach von der deutschen Raketenentwicklung in Peenemünde gewusst haben. Ein Edward S. Crocker in Lissabon fungierte für "The Pond" als Vermittler zwischen Admiral Horthy, der Ungarn aus dem weiteren Kriegsverlauf heraushalten wollte, und Regierungsstellen in Washington.

 

Wegen der Kreation der CIA wechselte "The Pond" 1947/48 vom War-Department zum State-Department, um seine Existenz fortsetzen zu können, wobei der Umstand half, dass kaum jemand die Organisation kannte. Es gab aber weiter Probleme mit der CIA und Dulles, so dass Grombach enge Kontakte zu Mitarbeitern des Senators Joseph McCarthy knüpfte und diesen mit Material für seine Verdächtigungen gegen die CIA versorgte. James Angleton gelang es, Grombach über seinen Mittelsmann McCargar falsche Informationen für McCarthy zu verpassen und beide damit zu diskreditieren. 1954 konfrontierte die CIA Grombach mit seiner Arbeit für McCarthy und beendete die Operationen von "The Pond".

 

 

Georg Klindworth

Georg Klindworth (1798-1882) war schon preußischer Agent, als Karl Marx noch nicht wusste, was Agenten sind. Seine Spur wird uns aber in eine ganz andere Richtung führen, nämlich zur Familie Wagner und darüber hinaus.

 

Ab 1819 war Klindworth zunächst als Privatsekretär des portugiesischen Botschafters in Berlin tätig. In den Jahren 1821/22 stand er dann in preußischen Diensten. Als Agent Provocateur versuchte er, den Verleger Friedrich Arnold Brockhaus zur anonymen Veröffentlichung eines liberal-demokratischen Artikels zu bewegen. Das Vorhaben misslang und Klindworth musste Berlin verlassen. Drei Jahre später, 1825, war er Hauslehrer der Kinder einer Gräfin in Hildesheim. Im Jahr 1827 ging er nach Braunschweig, wo er in die Dienste von Herzog Karl II. von Braunschweig trat.

...

Klindworths (uneheliche ?) Tochter Agnes Street-Klindworth (1825–1906) war eine Geliebte des Musikers Franz Liszt, mit dem sie eine ausgedehnte Briefkorrespondenz führte.

 

Während des Krimkriegs arbeitete Georg Klindworth für den russischen Zaren und lieferte moderne Waffen aus Belgien und England. Beteiligt waren reiche Kölner Industrielle wie Siegheim und Block, ein Cousin des Ferdinand Lassalle, Lassalle selber und Werth, der mit Klindworth eine Waffenfabrik für Russland aufbauen wollte (Pauline Pocknell: Franz Liszt and Agnes Street-Klindworth: A Correspondence, 1854-1886, Seite xlvii). Im Juni 1856 war Agnes mit Lassalle in einem Hotel in Bonn und half bei der Ausarbeitung seines Heraclitus, im Dezember 1856 gebar Agnes dem Ferdinand Lassalle eine Tochter, die aber bald verstarb.

 

Franz Liszt, der vermutlich bis 1869/70 als Informant des Vatikan arbeitete, gestand Agnes in einem Brief im Dezember 1863, die Reports ihres Vaters Georg über Preußen und Deutschland an Pater Augustin Theiner, den Präfekten des geheimen Archivs des Vatikan, weitergeleitet zu haben und war an weiteren Informationen interessiert (a.a.O S. li). Es ging seinerzeit um die Langrand-Dumonceau-Affäre, ein katholisches Finanzimperium mit Sitz in Belgien war schließlich 1869 bankrottiert. Klindworth hatte Prinz Maximilian Karl von Thurn und Taxis persönlich bei Langrand eingeführt. Nach einem Treffen 1864 erbat Liszt von Agnes regelmäßig weitere Nachrichten über Langrand und dessen Geschäfte, in die ihr Vater verwickelt war. Ein Brief an Agnes im November 1864 enthielt Fotos von Antonelli und Pius IX und dankte für die belgischen Fakten (a.a.O. lii).

 

Im Februar 1865 versuchte Klindworth Richard Wagner zu überreden, ihm mit seinem Einfluss auf König Ludwig II. von Bayern die Stelle von Pfistermeister als Sekretär des Königs zu verschaffen.

 

Als der Krieg zwischen Preußen und Frankreich bevorstand, hielt sich Georg Klindworth als Agent des österreichischen Ministerpräsidenten Beust in Paris auf und berichtete über die Regierung Frankreichs, deren Ministerpräsident Émile Ollivier hieß:

 

Émile Ollivier war verheiratet mit Blandine Liszt († 1862), der ältesten Tochter von Franz Liszt und Marie d’Agoult.

 

Die Welt der Agentenringe ist klein und fast alle wichtigen Leute sind eine Familie. Ollivier traf Klindworth regelmäßig, um sich die Unterstützung Österreichs zu sichern, während Klindworth offen erklärte, dass Österreich Frankreich nicht helfen würde.

 

Georgs Bruder war der Unternehmer Carl August Klindworth, dessen Sohn Karl Klindworth -

 

... bei Franz Liszt Klavierunterricht nahm und bald zu dessen engstem Schüler- und Freundeskreis gehörte. Ab 1854 lebte er als Pianist und Klavierlehrer in London, wo er 1855 Richard Wagner kennenlernte. Diesem sollte er ein sein Leben lang ergebener Anhänger und Freund werden. Klindworth folgte 1868 der Einladung Nikolai Rubinsteins eine Klavierklasse am Moskauer Konservatorium zu leiten. Hier, wo gleichzeitig Pjotr Iljitsch Tschaikowski als Professor für Harmonielehre wirkte, vollendete er die im Jahr seiner ersten Begegnung mit Wagner 1855 begonnene Klavierbearbeitung von dessen Ring des Nibelungen und eine kritische Ausgabe der Werke Frédéric Chopins. ...

 

... 1907 adoptierte das Ehepaar Klindworth die zehnjährige englische Waise Winifred Williams (eine Verwandte von Klindworths Ehefrau, Henriette Karrop), welche 1915 Siegfried Wagner heiratete und nach dessen Tod 1930 Leiterin der Bayreuther Festspiele wurde.

 

Winnifred Wagner -

 

... war die einzige Tochter des englischen Journalisten John Williams und dessen Frau Emily Florence Karop. Nach dem frühen Tod ihrer Eltern wurde sie von dem Ehepaar Klindworth adoptiert. Ihr Adoptivvater Karl Klindworth, bei dem sie in der Reformsiedlung Eden lebte, brachte sie mit der Familie Wagner in Kontakt. Klindworth selbst war ein begeisterter Anhänger Richard Wagners und schrieb Klavierauszüge zu etlichen seiner Werke. Im Alter von 18 Jahren heiratete sie am 22. September 1915 den 1869 geborenen Siegfried Wagner.

...

Winifred Wagner war eine enge persönliche Freundin Adolf Hitlers, den sie 1923 kurz nach dem Deutschen Tag in Bayreuth kennengelernt hatte und in die Familie Wagner einführte.

 

Sie brachte bis 1920 vier Kinder zur Welt, obwohl ihr Gatte Siegfried eigentlich andere Neigungen hatte:

 

The Bayreuth Festival was seen as a family business, with the leadership to be passed from Richard Wagner to his son Siegfried Wagner, but Siegfried, who was secretly bisexual, showed little interest in marriage. It was arranged that Winifred Klindworth, as she was called at the time, aged 17, would meet Siegfried Wagner, aged 45, at the Bayreuth Festival in 1914. A year later they were married. It was hoped that the marriage would end Siegfried's homosexual encounters and the associated costly scandals, and provide an heir to carry on the family business.

 

 

Houston Stewart Chamberlain

In die Familie Wagner hatte im Jahr 1908 noch ein anderer berühmter Brite eingeheiratet, Houston Stewart Chamberlain:

 

Houston Stewart Chamberlain wurde in Portsmouth im Stadtteil Southsea geboren und entstammte einer wohlhabenden Adelsfamilie. Chamberlains Mutter starb bald nach seiner Geburt, wodurch der vielbeschäftigte Vater, Konteradmiral William Charles Chamberlain, die Verantwortung für die Erziehung der drei Söhne übernehmen musste.

 

Der Vater dürfte als Konteradmiral mit den britischen Agentenringen vertraut gewesen sein, die seinerzeit noch auf Schiffe und Häfen angewiesen waren. Der Sohn lebte von 1888 bis 1908 in Wien, wo er unter den Anhängern der Musik von Richard Wagner sehr bekannt und aktiv gewesen ist und eigentlich ein junges politisches Talent unter dem Publikum der Wiener Staatsoper entdeckt haben müsste.

 

Eine bemerkenswerte Stelle aus seinem großen Werk über die Rassen:

 

Ich weiss nicht, ob man schon bemerkt hat, wie eigentümlich genau die heutige Grenze der römischen Universalkirche mit der früher bezeichneten durchschnittlichen Grenze des römischen Imperiums zusammenfällt, also mit der Grenze der chaotischen Bastardierung? Der östliche Teil fällt freilich weg, weil hier (in Serbien, Bosnien u. s. w.) die slavischen Einwanderer des 8. Jahrhunderts und die Bulgaren alles Fremde niedermachten; in wenigen Gegenden des heutigen Europa ist die Rasse so ungemischt, und reine Slaven haben niemals die römische Kirche angenommen.
Auch an anderen Stellen giebt es hier und da ein Hinüber- und ein Herübergreifen über die frühere Grenzlinie, doch nur um ein Weniges, das überdies leicht durch politische Verhältnisse zu erklären wäre. Im Ganzen ist die Übereinstimmung auffallend genug, um zu ernsten Gedanken anzuregen: Hispanien, Italien, Gallien, die Rheingegenden, die Länder südlich von der Donau! Noch ist es erst Morgen und immer wieder strecken die Mächte der Finsternis ihre Polypenarme aus, saugen sich an hundert Orten an uns fest und suchen uns in das Dunkel, aus dem wir hinausstrebten, zurückzuziehen.

Chamberlain, Houston Stewart: Die Grundlagen des Neunzehnten Jahrhunderts. Bd. 1. München 1899. Seite 319

 

Niemand scheint das klar deuten zu wollen: Die Grenze des alten römischen Imperiums ist auch die Grenze zwischen katholisch und evangelisch in Deutschland. Für den Autor ist also die Römische Kirche eine dieser Mächte der Finsternis, der chaotischen Bastardisierung, die uns in das Dunkel zurück zu ziehen versuchen. Mit Chamberlain hatten die Briten in der Familie Wagner den römischen Einfluss der Familie Liszt überwunden und das Werk Wagners gegen Rom gekehrt. Seine Rassenlehre war antikatholisch!

 

William de Ropp

William de Ropp (1886-1973) hat noch nicht mal eine deutsche Seite auf Wikipedia.

 

Baron William Sylvester de Ropp, originally Sylvester Wilhelm Gotthard von der Ropp was a British agent involved in dealings with Nazi Germany before and during the Second World War. He was described as one of the most "mysterious and influential clandestine operators" of the era.

... During the First World War, he served in the Royal Flying Corps under the command of F. W. Winterbotham. In the 1920s, Ropp went to Berlin as a representative of the Bristol Aircraft Company and became an associate of Alfred Rosenberg, a fellow Balt and a Nazi enthusiast. Rosenberg's function was to establish links with establishment figures in Britain for the Nazis. Ropp had contacts with a powerful segment of the British upper class which favoured appeasement, known as the "Cliveden Set", and also with a member of the royal family, the Duke of Kent. Through Rosenberg, Ropp met Adolf Hitler and Rudolf Hess. According to Ladislas Farago, a close personal relationship developed between the Fuehrer and Ropp.

 

Der Bruder seiner Frau war der Historiker Herbert William Fisher:

 

He was educated at Christ Church, Oxford, and became a tutor in 1851 becoming tutor to the future King Edward VII in 1859. He was called to the bar at Inner Temple in 1855 and served as private secretary to Henry Pelham-Clinton, 5th Duke of Newcastle-under-Lyne. In 1862 he became private secretary to the Prince of Wales, his former pupil, and became Keeper of the Privy Seal in 1865, before being appointed to the position of Vice-Warden of the Stannaries, Cornwall in 1870.

 

Fisher married Mary Louisa Jackson on 5 Aug 1862 in Hendon, Middlesex. She was born in Calcutta, a daughter of John Jackson, physician in the Bengal Medical Service and her sister, Julia, was the mother of Virginia Woolf. Fisher and his wife had seven sons and several daughters. The sons included historian H. A. L. Fisher, and Admiral Sir William Wordsworth Fisher. Among the daughters was Florence, Lady Darwin. Another daughter, Adeline Maria, was the first wife of the composer Ralph Vaughan Williams.

 

William de Ropps Sohn Robert S. de Ropp war in einem weiteren Zweig des britischen Secret Service aktiv:

 

Ropp's intense avocational interests, stemming largely from a spontaneous childhood spirituality, were nurtured by the influence of P. D. Ouspensky, whom he met in 1936. "The work" (as the Ouspensky disciplines were termed) was an approach to establishing an integrated human awareness at a higher level — considered to be a true inner freedom. Ropp went regularly to Lyne Place for "work" weekends from 1936 to 1945 and was particularly attached to Madame Ouspensky as a deeply insightful guide, until 1940. In that year the Oupenskys emigrated from Britain to the United States; after living through war conditions in Britain, Ropp joined the Ouspenskys there on a New Jersey farm in 1945, the European hostilities being past. ... Ropp met G. I. Gurdjieff (the Ouspenskys' famous teacher) during Gurdjieff's final visit to New York, in 1948.

 

Der oben schon erwähnte Winterbotham ist so geheim, dass Wikipedia weder Vater noch Mutter oder gar seine Frau (Erica Horniman aus einer reichen Familie viktorianischer Teehändler) und die (3) Kinder kennt. Er hat das Buch über das Ultra-Geheimnis verfasst, dass also die Briten den deutschen Funkcode geknackt hätten, was angesichts der Menge ihrer Agenten auf den wichtigsten Positionen in Deutschland aber ganz sicher völlig unnötig gewesen sein dürfte und wohl eher der Tarnung dieser Agenten bis heute dient.

 

By 1929 he was back in Britain, and considered becoming a stockbroker in the City. Instead he was recruited to join the staff of the Royal Air Force, where he was assigned to the newly created Air Section of the Secret Intelligence Service (MI-6). ...

 

One of these reports revealed that Germany had secret arrangements with the Soviet Union for the training of military pilots in violation of the Treaty of Versailles. William de Ropp, the agent who supplied this information also informed Winterbotham that the Nazis, not yet in power, wanted to cultivate high-level contacts in Britain; they imagined that "imperialist" Britain would be sympathetic to their own dreams of racial conquest. Winterbotham, who was socially well-connected, seemed a likely channel.

 

This led to a visit by Nazi "philosopher" Alfred Rosenberg in 1932. Winterbotham, with the full knowledge of MI-6, escorted Rosenberg around Britain, made some appropriate introductions, and played up to him. ...

 

Winterbotham continued in this role for the next seven years. He became a regular visitor to Germany, and an apparent Nazi sympathizer. As such, he was welcomed into the highest circles in Germany, meeting Hitler and Göring, and with Goering's Luftwaffe subordinates such as Erhard Milch and Albert von Kesselring. He gathered a tremendous amount of information on the Luftwaffe and on German political and military intentions.

 

In 1938, Winterbotham recruited Sidney Cotton to carry out some very successful aerial reconnaissance over Italy and Germany in 1939–40 in a private Lockheed 12A aircraft.

 

 Was von dem Märchen über Bletchley Park zu halten ist, zeigt dies hier:

 

He erroneously suggested that Japan's PURPLE cipher machine was a version of the German Enigma and confused "Dilly" Knox with a different person.

 

Der soll also den Dilly Knox verwechselt haben, der im Ersten Weltkrieg angeblich das Zimmermann Telegramm entziffert habe - die Briten haben damals schon zum Schutz ihrer Agenten in den höchsten deutschen Kreisen die ach so genialen codebreaker erfunden.

 

In 1941, Knox broke the Abwehr Enigma. By the end of the war, Intelligence Service Knox had disseminated 140,800 Abwehr decrypts, including intelligence important for D-Day.

 

Den Codeschlüssel für den Funkverkehr nicht nur der Abwehr haben die Briten jederzeit von Canaris, Oberst Oster, Paul Leverkuehn und zahllosen anderen erhalten.

 

 

John Quinn

Die "Armory Show" von 1913 für "Modern Art" in einem Gebäude der Nationalgarde in New York
Die "Armory Show" von 1913 für "Modern Art" in einem Gebäude der Nationalgarde in New York

Als Sohn eines Bäckers irischer Abstammung habe er einfach mal so an der Universität Harvard die internationalen Beziehungen studiert und war danach als erfolgreicher Anwalt mit den Konflikten um die Tammany Hall befasst.

 

Nach 1912 wäre er von dem System angewidert gewesen und habe Manuskripte und Werke der modernen Kunst gesammelt. Als angeblich irischer Patriot stand er in britischem Sold (Wikipedia):

 

Quinn was the principal supporter and purchaser of manuscripts of novelist Joseph Conrad during his lifetime. He met Irish poet W. B. Yeats in 1902, and became a major supporter, helping him found the Abbey Theatre.

 

In the 1920s Quinn was a legal defender of the novel Ulysses by James Joyce, and also defended The Waste Land by T. S. Eliot. He was also a friend of American poet Ezra Pound.

 

According to author Richard Spence, Quinn was a supporter of the Irish nationalist cause and associated with figures such as John Devoy and Roger Casement, though he worked for British Intelligence services before, during, and after World War I. In this role he acted as case officer for, among others, Aleister Crowley, who was an agent provocateur posing as an Irish nationalist in order to infiltrate anti-British groups of Irish and Germans in the United States.

 

Nicht nur die berühmten irischen Dichter waren britische Agenten. Zwischen zwei Buchdeckeln war fehlendes Talent unter den Lobeshymnen der Weltmedien leicht zu verbergen. Auch Maler und Skulptor war eine brauchbare Tarnung für Agenten, leider sprang fehlendes Talent bei Bildern und sonstigen künstlerischen Installationen jedem Betrachter sofort ins Auge und führte zu lästigen Sprüchen des Publikums, so könne jeder malen, klecksen, gießen, kleben oder Steine behauen.

 

Die angloamerikanische Intelligence musste also etwas unternehmen, damit ihre Agenten auch ohne Talent als große Maler und Bildhauer und dergleichen ihren benötigten Ruhm erwarben und das Publikum endlich Respekt erweist; so kam es zur Modernen Kunst und deren gerühmter Weltausstellung im Jahr 1913 in New York:

 

His French adviser for Post-Impressionist art was Henri-Pierre Roche, who later wrote the novel Jules et Jim. Quinn and Roche worked together to develop the famous 1913 Armory Show.

 

 

 

Truman Smith

Er war von 1920 bis 1924 an der Botschaft in Berlin Vertreter des US-Militärattachés für die Military Intelligence zuständig und nahm Kontakt zu Hitler auf:

 

Smith served in the American Embassy in Berlin from 1920 to 1924. Ambassador Alanson B. Houghton sent him to Munich to talk to Prince Ruprecht to determine the strength of the separatist movement in Bavaria; to Erich von Ludendorff to determine his political ambitions; and to Adolf Hitler to get a sense of his National Socialist Labor Party. On November 20, 1922, Smith became the first American official to interview Hitler. He met Hitler in a house at Georgen Strasse 42, Munich, a shabby place. Smith wrote, "A marvelous demagogue. I have rarely listened to such a logical and fanatical man. His power over the mob must be immense."

 

Major Truman Smith and the Funding of Adolf Hitler:

 

Hanfstaengel became one of Hitler's inner circle. He was one of his earliest financial supporters and in March, 1923, provided $1,000 to ensure the daily publication of Volkische Beobachter. The newspaper, an anti-Semitic gossip sheet had previously appeared twice a week. With Hanfstaengel's money it was published every day. This was a real breakthrough as it enabled Hitler to build up both membership and funds. Hanfstaengel claims that he was encouraged to meet Hitler by Major Truman Smith, as assistant military attaché at the American embassy in Berlin.

 

 

Reinhard Heydrich

Tristan Reinhard Heydrich war der 1904 geborene Sohn eines Komponisten und Opernsängers in Dresden, die Mutter war die Tochter des Leiters des Königlichen Konservatoriums. Die Eltern führten in Halle eine erfolgreiche Musikschule und der musikalische Sohn erlernte im Alter von 5 Jahren die Geige. Als zum Kriegsende die Spartakisten in Halle einrückten, schloss Heydrich, obwohl eigentlich noch zu jung, sich einem Freikorps an, das im März 1919 den kommunistischen Aufstand niederschlug.

 

Im März 1922 ging er als Seekadett zur Marine, der berühmte Admiral Felix Graf von Luckner war oft bei der Familie Heydrich zu Gast gewesen und hatte den Jungen mit seinem Buch "Der Seeteufel" beeindruckt. Bei seinen Kameraden galt er als Eigenbrötler und Sonderling und wurde wegen seiner hohen Stimme verspottet. Auf dem Kreuzer "Berlin" befreundete sich Heydrich mit dem als 1. Offizier auf das Schiff abkommandierten Korvettenkapitän Wilhelm Canaris, der den Kadetten öfter zum Musizieren mit seiner Frau als Gast in sein Haus eingeladen hat. 1926 wurde Heydrich als Leutnant zur See zum Nachrichtenoffizier ausgebildet und lernte Russisch, Spanisch, Französisch und Englisch. 1928 kam Heydrich zur Admiralstabsleitung der Marinestation der Ostsee. Wegen einem angeblich gebrochenen Heiratsversprechen wurde Heydrich, so die offizielle Version, zu der keine Dokumente auffindbar sind, im Mai 1931 von Admiral Raeder aus der Marine entlassen. 

 

Heydrich hatte im Dezember 1930 seine spätere Frau, Lina von Osten, in Kiel bei einer Gala kennengelernt, die seit 1929 Mitglied der NSDAP war und ihn zum Eintritt in die Partei im Juni 1931 überredete. Wie es der Zufall, den es nicht gibt, so will, suchte Heinrich Himmler gerade jemanden, der ihm einen Sicherheitsdienst in der SS aufbauen sollte, und wurde von einem Freund der Lina von Osten, Karl von Eberstein, der den zehn Jahre jüngeren Heydrich aus Halle kannte und dessen Mutter die Patentante Reinhard Heydrichs war, überzeugt, mit Heydrich zu reden. Im Oktober 1931 wurde der neugeschaffene Sicherheitsdienst des Reichsführers-SS Reinhard Heydrich unterstellt.

 

In Berlin lebten die Familien von Heydrich, der ab 1939 das RSHA leitete, und Canaris, ab Januar 1935 der Chef der Abwehr, deren maßgebliche Mitarbeiter aus den Kreisen des Widerstands stammten und stets in Kontakt zu ihren britischen und US-amerikanischen Kollegen standen und diese über alle wichtigeren Vorgänge informierten, von nur wenigen Häusern getrennt in engster persönlicher Beziehung. Die Historiker versichern uns aber, dass politisch und beruflich Heydrich und Canaris die größten Feinde gewesen seien, Canaris ein Gegner des Regimes und Heydrich der Organisator der größten Verbrechen; aber keiner habe dies vom anderen gewusst oder auch nur geahnt, weil ja sonst ihre Geheimdienste über alle nötigen Mittel verfügt hätten, dies restlos aufzuklären.

 

Von den sogenannten Wirtschaftswissenschaftlern sind wir einiges gewohnt, aber die Historiker scheinen ihr Publikum für völlig schwachsinnig zu halten oder die Widersprüche der von ihnen verlangten Version der Geschichte nicht besser verbergen zu können. 

 

 

Carl Langbehn

Carl Langbehn war ein Rechtsanwalt in Berlin mit politischen Mandaten und hatte engen Kontakt zu Heinrich Himmler, weil beider Töchter dieselbe Schulklasse besuchten und ihre Ferien gemeinsam verbrachten. Auszüge aus Wiki:

 

Himmler war zwar eine der Stützen des NS-Regimes, dennoch hegte er spätestens ab 1943, eher bereits ab 1941 oder 1942, starke Zweifel am „Endsieg“. So suchte er insgeheim Friedenskontakte zu den westlichen Alliierten. Langbehn wurde zu einem seiner Mittelsmänner. Ende 1942 traf dieser sich in Stockholm mit Professor Bruce Hopper, der für den US-Geheimdienst Office of Strategic Services (OSS) arbeitete. Auch sprach er mit einem „offiziellen Engländer in Zürich“. Beide Gespräche schienen auf Verhandlungsmöglichkeiten hinzudeuten.

 

Langbehn stand aber auch mit dem Widerstand in Verbindung, mit Johannes Popitz und Ulrich von Hassell. Beide brachte er im August 1941 mit dem Schweizer Diplomaten Carl Burckhardt zusammen. Zu dritt erörterte man Friedensmöglichkeiten, zumal Burckhardt demnächst Winston Churchill treffen sollte.

 

Die Widerstandsbewegung war Himmler bekannt, ohne dass er gegen diese einschritt. Vielmehr gedachte er sie zu benutzen: Der Widerstand sollte Hitler beseitigen, er selbst wollte dann die Macht in Deutschland übernehmen. Auch Hassell und Popitz verfolgten, wenn auch als „Verzweiflungsschritt“, ähnliche Gedanken: Himmler und die SS sollten einen Umsturz geschehen lassen, damit so der Krieg beendet werden könnte. Dann würde man sich dieser wieder entledigen.

 

Für den 26. August 1943 organisierte Langbehn ein Gespräch zwischen Popitz und Himmler. Popitz versuchte darin Himmler zu überreden, mit den Westmächten in Friedensverhandlungen zu treten. Himmler schien dieser gegen Hitler gerichteten Aktion wohlwollend gegenüber zu stehen. Im September 1943 reiste Langbehn im Auftrag Himmlers nach Bern, um mit dem OSS unter Leitung von Allen Welsh Dulles Kontakt aufzunehmen. Nach seiner Rückkehr berichtete er Himmler.

 

Ein Bericht des OSS über das Treffen in Bern geriet jedoch in die Hände der Gestapo und Himmler konnte Langbehn nicht vor der Verhaftung schützen, zögerte aber den Prozess hinaus. Im Oktober 1944 wurde Langbehn zum Tode verurteilt und hingerichtet.

Paul Leverkuehn

1915 in Erzurum
1915 in Erzurum

Paul Leverkuehn hielt sich kurz vor dem Ersten Weltkriegs einige Monate an der Universität von Edinburgh auf und unterbrach sein Studium der Rechtswissenschaft 1915/16 für einen Einsatz in der Türkei. Dort nahm Leverkuehn an einer Geheimoperation des deutschen Vizekonsuls Max Erwin von Scheubner-Richter in Erzurum teil, der von der Osttürkei aus aufständische Bevölkerungsgruppen im russischen Kaukasus und speziell Baku unterstützen sollte, um die Ölförderung zu stören.

 

Max Erwin von Scheubner-Richter intervenierte zu Gunsten der Armenier über die deutsche Regierung und es gelang ihm zeitweise, deportierte Armenier in seinem Einflussbereich mit Lebensmitteln zu versorgen, aber Leverkuehn und Scheubner-Richter mussten bald aus gesundheitlichen Gründen nach Deutschland zurückkehren. Es ist allerdings nicht auszuschließen, dass beide in der Türkei Kontakte zu angloamerikanischen Organisationen bekamen, die sich ebenfalls für die Rettung der christlichen Armenier engagiert haben.

 

Always wanting "to do something unique," Paul Leverkuehn's lifelong desire to influence the course of political events led him to seek the company of people who pulled the levers of power. As a member of the secret Scheubner-Richter expedition in World War I, travelling to the Turkish-Persian frontier, and as spy chief in Istanbul from 1941 until 1944, Leverkuehn represents the history and development of German intelligence in Turkey. The Middle East played a vital role in the course of World War II, and a neutral Turkey was of central importance and thus became a play-ground and revolving door for agents and spies. Leverkuehn's career as lawyer and politician contrasts with the boldness and daring generally attributed to intelligence agents. His intelligence activities ended abruptly in February 1944, when his co-worker Erich Vermehren and his wife defected to the British.

The Journal of Intelligence History

 

Nach Kriegsende 1918 arbeitete Leverkuehn als Referent für das "deutsch-englische Schiedsgericht" und bei der "Amerikastelle" des Auswärtigen Amtes, war von 1923-25 bei der "deutsch-amerikanischen Kommission" in Washington, anschließend "Bankier" in New York und ab 1928 als "Reichskommissar" für beschlagnahmtes deutsches Vermögen bei der deutschen Botschaft in Washington. 1930 kehrte er nach Berlin zurück und eröffnete dort eine Rechtsanwaltskanzlei, in der 1933/34 Adam von Trott zu Solz, der als Rhodes-Stipendiat von 1931-33 in Oxford das Balliol College besuchte, und 1938/39 Helmuth James von Moltke, der sich zwischen 1935-38 regelmäßig in England aufgehalten hatte, für ihn arbeiteten.

 

Von 1941 bis 1944 war Leverkuehn der Chef der deutschen Abwehr in Istanbul, anschließend wieder in Deutschland bis Kriegsende Vorstandsbevollmächtigter der Deutschen Waffen- und Munitionsfabriken AG. Nach dem Krieg war er von 1953 bis zu seinem Tod 1960 Bundestagsabgeordneter der CDU.

Staatssekretär Hermann Pünder: Finanzierung der NSDAP

Es handelt sich bei den Angaben weitgehend um Irreführung, vor allem bei den Aussagen von Albert Thomas nach den Memoiren Brünings, die französische Rüstungsindustrie habe die NSDAP finanziert. Albert Thomas war Direktor der ILO, der Internationalen Arbeitsorganisation, die während der Weltwirtschaftskrise jedweden Unsinn über die Ursache der Massenarbeitslosigkeit verbreitet hat und von ihren monetären Ursachen angeblich gar nichts wusste.

Dass die NSDAP von der Rüstungsindustrie finanziert worden wäre, ist so ein typischer Blödsinn und passt zu der Theorie der ILO damals, die Massenarbeitslosigkeit käme vom technischen Fortschritt: Technischer Fortschritt und Arbeitslosigkeit, Emil Lederer, Genf 1938: Internationales Arbeitsamt

 

 

Aus den Akten der Reichskanzlei der Weimarer Republik, Staatssekretär Hermann Pünder:

Nr. 722

Vermerk des Staatssekretärs Pünder über die Finanzierung der NSDAP, 16. April 1932

 

Fest steht, daß aller Geldverkehr über Bayerische Vereinsbank München erfolgt, nicht in einem offiziellen Konto, sondern über eine sehr große Anzahl von Einzelkonten mit harmlosen Namen. Möglich, daß infolgedessen der Bankleitung Tatsache kaum bekannt ist. Genauere Feststellungen wohl nur möglich durch Eröffnung von Konten mit laufenden Überweisungen hinüber und herüber zwecks Ermöglichung vertrauterer Aussprachen mit den technischen Angestellten. Verbindungsbank zur Bayerischen Vereinsbank wahrscheinlich Schweizerische Kredit-Anstalt. Fest steht jedenfalls, daß Zürich der internationale Geldumschlagplatz für diese Dinge ist. In den letzten 12 Monaten vom Ausland sicher 40–45 Millionen geflossen. Aus heimischen Beiträgen, Versammlungen, Broschüren-Verkauf pp. 15 Millionen aufgekommen. Dazu allerhöchstens 5 Millionen aus der Industrie. Letztere Zahlungen liefen fortgesetzt schlechter und seien daher bestimmt nicht höher als mit diesen 5 Millionen anzusetzen.

 

Erster Geldgeber in Deutschland bestimmt Fritz Thyssen, treuer Anhänger – allerdings ohne starke finanzielle Leistungsfähigkeit – auch der alte Kirdorf. In diesen 5 Millionen steckten außerordentlich viele sogenannte Terror-Abwehrprämien (z. B. Oskar Tietz vom Warenhaus Hermann Tietz, Schapiro vom Sportpalast. Zu diesen 15 plus 5 Millionen weitere 2–3 Millionen vom Auslands-Deutschtum, hauptsächlich herkommend über Herrn Pagenstecher in Brooklyn und durch Werbereisen des Herrn Mutschmann (Fabrikant in Plauen, seit 1924 NSDAP-Gauleiter Sachsen).

 

Außer diesen 15 plus 5 plus 3 kämen, wie gesagt, noch 40–45 Millionen aus dem Ausland. Hauptgeldgeber hier Comité des Forges (1864 gegründeter Interessenverband der französischen Schwerindustrie), Sir Basil Zaharoff (Waffenhändler), von Vickers (Vickers-Armstrong und Co. Ltd., britische Waffenfirma mit Sitz in London) und Deterding (Generaldirektor des Royal-Dutch-Shell-Ölkonzerns). Zusätzlich zu dem letzteren Namen auf die sofort gemachten Einwendungen nicht der Mann, sondern die Frau, und zwar gerade in den vergangenen Wintermonaten während des Kuraufenthaltes in St. Moritz. Starker ausländischer Geldverkehr, zum mindesten als Sammelstelle und Weiterleiter, der kürzlich durch Selbstmord geendete schwedische Bankier Kreuger. Der schwedische Offiziers-Bund unterhalte Beziehungen zu dem „Führer“. Letzterer gilt in diesen und anderen Auslandskreisen vielfach als eine Art Landsknechtführer von Mittel- und Westeuropa gegen Rußland. Eine weitere ausländische Geldquelle, mittlerweile allerdings versiegt, sei die Lappo-Bewegung (nationale, antikommunistische Bewegung, benannt nach dem Gründungsort Lappo) in Finnland gewesen; nur noch geringe Mittel kämen von der Faschistenpartei aus Italien.

 

Nr. 722 zur Finanzierung der NSDAP

 

Der ehemalige Reichskanzler Heinrich Brüning, schrieb in seinen Memoiren (Memoiren 1918 – 1934. Stuttgart 1970, S. 563 f) über ein Treffen mit dem Direktor der Internationalen Arbeitsorganisation des Völkerbundes Albert Thomas, dass Thomas das Material zusammen habe, um nachzuweisen, dass die NSDAP von der Rüstungsindustrie, vor allem von der französischen Rüstungsindustrie finanziert werde. Kurz darauf starb Thomas. (siehe oben zur Glaubwürdigkeit von Thomas)

 

William Emmanuel Rappard

Rappard wurde 1883 als Sohn Schweizer Eltern in New York geboren, besuchte in Genf die Schule und studierte in Berlin, München, Harvard, Paris und Wien Recht, Geschichte und Wirtschaft. 1911 erhielt er einen Lehrauftrag in Harvard und machte die Bekanntschaft mit US-Präsident Woodrow Wilson und seinen Kreisen. Während des Ersten Weltkriegs unterstützte Rappard die PR-Agentin der Creel-Kommission (How we advertised America von George Creel, S. 323), Vira Boarman Whitehouse in der Schweiz. Rappard war 1919 in Versailles als Vertreter der Schweiz; er überzeugte den US-Präsidenten Wilson von Genf als dem für den Völkerbund geeigneten Standort. Von 1920-24 war Rappard Mitglied der Mandatskommission des Völkerbunds, er wurde auch der Delegierte der Schweiz für das International Labour Office. An der Uni Genf hatte er einen Lehrstuhl für Wirtschaftsgeschichte und lehrte von 1928-55 an dem von ihm mitgegründeten Graduate Institute of International Studies, an dem auch Ludwig von Mises in den 1930er Jahren einen Lehrauftrag erhielt. Es war aber sicher nicht nur Rappard, der dafür sorgte, dass die ILO während der Weltwirtschaftskrise über den Fortschritt der Technik als Ursache der Massenerwerbslosigkeit fabulieren ließ.

Petra Vermehren

Die Mutter von Erich Vermehren wird in den britischen Akten als deutsche Agentin geführt:

 

Petra VERMEHREN: German. After a period in Athens, where she was labelled as an intelligence officer, Petra VERMEHREN worked as a German propagandist in Portugal until the defection of her son to the Allies in 1944. She then returned voluntarily to Germany, which action, according to one version, saved her from the Gestapo.

 

Nach der Trennung von ihrem Ehemann 1930 zog Petra Vermehren nach Berlin und arbeitete seit 1933 als Journalistin auf Empfehlung des Paul Leverkuehn. Ab 1937 war sie Auslandskorrespondentin in Athen und reiste oft nach Istanbul. Ab 1941 war sie Korrespondentin in Portugal bis ihr Sohn Erich Vermehren, ein Abwehragent, 1944 in Istanbul zu den Briten überlief. Sie kehrte freiwillig nach Deutschland zurück, wo sie mit ihren anderen Kindern interniert wurde. Kurz vor Kriegsende wurde sie mit ihren Kindern auf Weisung des RSHA aus dem KL Sachsenhausen entlassen. Seit 1949 war sie im Präsidium der Europa-Union.

Erich Vermehren

Erich Vermehren (1919-2005)  konvertierte unter dem Einfluss der dem katholischen Widerstand angehörenden Gräfin Plettenberg, die er 1941 ehelichte, 1939 zum Katholizismus. Er hatte sich um ein Rhodes-Stipendium beworben, das ihm zugesprochen wurde, was die NS-Studentenschaft und Hitler empörte, weil er und seine Familie als Regimekritiker bekannt waren, und man zog seinen Pass ein, so dass er nicht nach Oxford konnte. 

 

Erich Vermehren was prevented in 1938 on the personal order of Adolf Hitler from taking up a Rhodes Scholarship to Oxford. He had refused to join the Nazi youth organisation at his school. Later, in 1944, as a young Abwehr (military intelligence) officer in Istanbul, his sensational and well-publicised defection to the British infuriated Hitler to such an extent that he dismissed the head of the Abwehr, Admiral Wilhelm Canaris, so ensuring Germany's entire intelligence machinery faced the imminent Allied invasion of Normandy leaderless and demoralised.

 

Nach seiner Promotion hatte er zu seinem Schutz und auf Anraten des Adam von Trott eine Stelle bei der Abwehr erhalten und wurde nach Istanbul versetzt, wo Paul Leverkuehn Chef der deutschen Abwehr war.

 

It became increasingly clear to von Trott that the Vermehrens were in danger in Germany. Together with Paul Leverkuehn of the Abwehr, he hatched a plan to get young Erich assigned to Canaris's organisation, which functioned as a refuge for anti-Nazi Germans including many Jews.

Canaris at that time late in 1943 was receiving peace overtures from the Americans in Istanbul, where another cousin of the Vermehrens, Franz von Papen, was German ambassador and had been asked to meet the American Archbishop (and future Cardinal) Francis Spellman. The cousinhood of good German families then, as now, dominant in the country's foreign service ensured Erich's transition from civilian life to the cloak-and-dagger world of the Abwehr.

 

Es gelang Erich Vermehren, seine von der Gestapo zurückgehaltene Frau nach Istanbul zu holen, wo beide zu den Briten überliefen, was von der britischen Propaganda ausgeschlachtet wurde und zur Entlassung von Canaris und zu Himmlers Übernahme der Abwehr führte.

 

The Vermehrens meanwhile were given a home in the South Kensington flat of Kim Philby's mother where, taken in by Philby's great charm, they supplied him with lists of the personalities in the Catholic underground in Germany. Unsurprisingly, when British intelligence tried to link up with them at the end of the war, they found most had been liquidated.

 

Allerdings war der deutsche Widerstand nicht nur durch den als Doppelagenten für Russland arbeitenden Kim Philby verraten worden, sondern auch ganz direkt durch die britische Politik, auf deren Unterstützung der deutsche Widerstand vergeblich gehofft hatte.

 

 

 


Sowjetische Informanten im OKW und Führerhauptquartier

Generaloberst Franz Halder, bis Herbst 1942 Generalstabschef:

 

Nahezu -- alle deutschen Angriffshandlungen wurden unmittelbar nach ihrer Planung im Oberkommando der Wehrmacht, noch ehe sie auf meinem Schreibtisch landeten, dem Feinde durch Verrat eines Angehörigen des OKW bekannt. Diese Quelle zu verstopfen ist während des ganzen Krieges nicht gelungen.

 

Die Welt ist doch klein und wir sollten mal mit Gregor Gysi darüber reden, was der Freund seiner Großmutter im Führerhauptquartier getrieben hat:

 

Denn arrangieren tat sich Felix Hartlaub. Der vaterfixierte Musterschüler, der sich überdies, erotisch unerfüllt, an eine zwanzig Jahre ältere Frau band, an das jüdische KPD-Mitglied Erna Gysi, die Mutter des späteren DDR-Kulturministers Klaus Gysi und Großmutter von Gregor, – er ging nicht von der Fahne. Der Gedanke, in Paris unterzutauchen, zu emigrieren, sich dem Dienst beim Oberkommando der Wehrmacht zu entziehen, kam ihm offensichtlich nicht. Von disziplinarischen Maßnahmen seiner Vorgesetzten ist ebenfalls nichts bekannt.

http://www.welt.de/kultur/literarischewelt/article117167655/Der-beste-NS-Roman-der-nie-geschrieben-wurde.html

 

Die konnten damals den Verräter nicht finden, der die Sowjets über alle wichtigen Interna aus den Besprechungen im OKW und FHQ versorgt hat. Dabei war es vermutlich nicht nur einer, denn das ganze Team von Walter Scherff, zuletzt Generalmajor, der beauftragt war, die Geschichte des Zweiten Weltkriegs zu schreiben, soll aus Anhängern des George-Kreises bestanden haben. Aber zunächst einmal Felix Hartlaub, dessen Vater hatte man als Freund der "Modernen Kunst" entlassen, der Sohn arbeitete im FHQ:

 

Gustav Friedrich Hartlaub, Sohn einer Bremer Kaufmannsfamilie, studierte bis 1910 unter anderem bei Franz Wickhoff in Wien und Heinrich Wölfflin in Berlin und war dann zunächst an der Kunsthalle Bremen als Assistent von Gustav Pauli tätig, bis ihn Fritz Wichert 1913 als Mitarbeiter an die Kunsthalle Mannheim holte. 1923 wurde Hartlaub deren Direktor. Besonders setzte er sich für die Förderung der zeitgenössischen Kunst und insbesondere des Expressionismus ein und entdeckte eine Reihe neuer Künstler, u.a. etwa Franz Xaver Fuhr. Mit der am 14. Juni 1925 eröffneten Ausstellung Neue Sachlichkeit. Deutsche Malerei seit dem Expressionismus prägte er den Begriff der Neuen Sachlichkeit. Am 20. März 1933 wurde er im Zuge der nationalsozialistischen Kulturpolitik entlassen. Ab 1946 war Hartlaub als Professor in Heidelberg tätig. Engagiert war Hartlaub auch auf dem Gebiet esoterischer Denkansätze im Kunstbereich und der Kunstpädagogik, wo er insbesondere durch sein Werk Der Genius im Kinde von 1922 bekannt wurde.

 

Der Sohn besuchte dann die bekannte Odenwaldschule, die den Ideen des George-Kreises verbunden war, der dann die "guten Beziehungen zu Historiker-Kollegen" verschafft haben dürfte, die bis ins OKW und das Führerhauptquartier reichten:

 

Felix Hartlaub (* 1913; † vermutlich Anfang Mai 1945 in Berlin)

... Ab 1928 war er Schüler der Odenwaldschule in Heppenheim, wo er 1932 sein Abitur ablegte. Anschließend studierte er an der Handelshochschule in Mannheim und ab 1932 Romanistik und Geschichte an der Universität Heidelberg. ...

... Gute Beziehungen zu Historiker-Kollegen verschafften ihm im Dezember 1940 eine Abkommandierung zu der Historischen Archivkommission, die in Paris erbeutete französische Akten sichtete. Von September bis November 1941 diente er erneut als Soldat, diesmal in Rumänien. Anschließend war er als Historiker bis Mai 1942 Sachbearbeiter beim Oberkommando der Wehrmacht in Berlin. Von Mai 1942 bis März 1945 gehörte er dem Bearbeiterstab des Kriegstagebuchs beim Oberkommando der Wehrmacht an. Hartlaub hatte während dieser Zeit Zutritt zum äußeren Sperrkreis in den Führerhauptquartieren in Winniza, Rastenburg und Berchtesgaden und erlangte Kenntnis über Interna der Kriegsführung. ...